Was setzt sich am Seegrund ab?
Das Archiv eines Sees – das sind für die Seenforscher die Ablagerungen am Seegrund. In diesen lässt sich wie in einem Buch lesen, vorausgesetzt, man hat das nötige Fachwissen und die richtige technische Ausstattung dazu. Ähnlich wie die Jahresringe bei einem Baum lagern sich am Seegrund Jahr für Jahr Schwebstoffe, Überreste von Tieren und Pflanzen sowie chemische Verbindungen ab. Dazu zählen zum Beispiel radioaktive Stoffe aus dem Tschernobyl-Unfall 1986 oder den Atombombentests in der Atmosphäre in den 1950er und 60er Jahren.
Wenn man aus dem Grund des Bodensees eine Sedimentprobe zieht, fallen in einigem Abstand zur Oberfläche dunkle Ablagerungen auf. Sie sind in den 1960er und 70er Jahren entstanden, als sich der Bodensee rapide mit Nährstoffen anreicherte. Im Zuge dieser sogenannten Eutrophierung entstand viel Biomasse, die am Seegrund von Mikroorganismen abgebaut werden musste. Dazu benötigten diese viel Sauerstoff, der aber bald zur Mangelware wurde. Bei niedrigem Sauerstoffgehalt im Sediment bildete sich schwarzes Eisensulfid – und so weisen dunkelgraue Jahresringe auch heute noch auf diejenige Zeit an, in welcher der See umzukippen drohte.
Neben feinen Sedimentpartikeln findet man am und im Seegrund allerdings noch deutlich interessantere Dinge. So leben hier vor allem im Uferbereich und vor den Mündungen der Zuflüsse viele Tiere: Würmer, die Larven von Eintagsfliegen, Köcherfliegen und Libellen, Käfer, Muscheln, Schnecken, Krebse und viele Lebewesen mehr. Aber auch Zeugen menschlicher Tätigkeiten sind reichlich vorhanden: Pfähle von steinzeitlichen Siedlungen beispielsweise oder die Schiffwracks von Einbäumen, mittelalterlichen Lastkähnen oder modernen Motoryachten – für die Archäologen und Seenforscher mithin ein weites Betätigungsfeld.
Internetlinks:
IGKB, Blauer Bericht Nr. 56: „Bodensee-Untersuchung-Seeboden“
http://www.igkb.org/fileadmin/user_upload/dokumente/publikationen/blaue_berichte/blauer_bericht_56.pdf